Die alte Weisheit Bismarcks, dass nie so viel gelogen wird wie nach einer Jagd und vor einer Wahl, scheint nicht mehr zu gelten, seit Golfschläger verkauft und beworben werden.
Es scheint, als hätten sich die Golfzeitungen konspirativ entschlossen, ihre Werbekunden mit Golfschläger-Tests nicht zu verärgern; anders lässt es sich nicht erklären, dass noch kein Magazin den Verrat aufgedeckt hat an Millionen Kunden, denen beim Kauf ihrer Golfschläger Fertigungstoleranzen zugemutet werden, die selbst bei Trabant und Wartburg als Skandal gegolten hätten.
Es ist traurig, dass sich die Golf-Journale gerade bei Golfschläger-Tests zum Sprachrohr ihrer Anzeigen-Kunden degradiert haben, geht es doch um den Erfolg ihrer Leser beim Golfspielen. Wobei ich die Redakteure auch verstehen kann, denn es gibt in Deutschland zu viele Magazine und ohne Werbekunden ginge es nur, wenn die Leser mehr bezahlen würden. Aber das will niemand und so darf auch keiner meckern. Drei Dinge sind bei einem Golfschläger-Satz wichtig:
- Die Eigenschaften der Golfschläger müssen zum Golfer passen. (»Fitting«)
- Die Golfschläger müssen zueinander passen. (»Matching«)
- Für Golfer mit einer Vorgabe über 4 sollte der Golfschläger-Kopf fehlerverzeihend sein.
Die Golfschläger-Industrie spricht in ihrer Werbung meist nur von mehr Länge. Dabei wird der Kunde auch hier auf die Schippe genommen. Drei Tricks sind besonders häufig: Die Schäfte der Golfschläger werden jährlich länger, die Lofts geringer und der Spin wird durch die Schlagfläche immer weiter reduziert — anders kann man mehr Länge nicht erzielen. Dadurch kauft der Golfer einen Golfschläger-Satz von Eisen 2-8, auf dem die Symbole 4- Pitching-Wedge eingeprägt wurden. Das wäre ja weiter nicht so schlimm, die längsten Eisen bleiben eben ungenutzt und Gap- oder Loft-Wedges ergänzen die Lücke, die zwischen Sandwedge und Pitching-Wedge entsteht. Den Loft der Sand-Wedges kann der Hersteller nämlich nicht reduzieren, weil sonst niemand mehr damit aus dem Bunker käme. Kritischer ist allerdings das Spin-Reduzieren durch die Beschaffenheit der Schlagfläche. Beim Driver ist das sinnvoll, denn hier gleitet der Ball besser und rollt weiter aus. Mit dem Eisen möchte man jedoch, dass der Ball auch auf dem Grün liegen bleibt. Da nützt es mir wenig, wenn beim Golfschlägertest 2017 am Demo-Tag das Eisen 7 des Herstellers X zehn Meter weiter geflogen ist als alle anderen Eisen 7. Darauf scheinen die Hersteller ihre Schläger aber inzwischen zu optimieren.
Noch schädlicher als bei jedem anderen Golfschläger wirkt sich ein Driver mit zu wenig Loft auf die Schwungtechnik aus. Wer beispielsweise einen Driver mit 10° Loft spielt und nicht die nötige Kopfgeschwindigkeit des Golfschlägers erreicht, wird den Ball nicht hoch genug schlagen. Nach einigen zu flachen Bällen wird der Golfer versuchen, den Loft zu erhöhen und das endet in neun von zehn Fällen in einer zu offenen Schlagfläche. Jetzt slict der Ball und bald schwingt der Spieler von außen nach innen, um den Golfball nach links starten zu lassen.
Doch verstehen Sie mich nicht falsch: Ich gehöre nicht zu denen, die behaupten, dass Schläger keine Rolle spielen. Im Gegenteil: Das Spiel ist mit ordentlichen Schlägern schon schwierig genug. Dazu eines meiner Mythen-Videos:
Fitting — oder welcher Golfschläger passt zu wem?
Nachdem sich bis in den letzten Dorfclub herumgesprochen hat, dass Standard-Golfschläger nicht zu jedem passen, haben die Marketingabteilungen der Golfschläger-Hersteller den Begriff »Fitting« in ihre Prospekte und Vertreter-Handbücher aufgenommen. Das Problem ist jedoch, dass man einem Proshop-Angestellten das Fitten nicht in einem Tageslehrgang beibringen kann, nicht mal einem Golflehrer. Und die Fitter, die viel Erfahrung haben, aber keine Golflehrer sind, können nicht wissen, wann ein Fehler nicht mit dem Schläger, sondern mit dem Schwung ausgeglichen werden sollte.
Dazu ein Video über einen sehr erfahrenen Fitter und guten Golflehrer: Sebastian Rühl. Leider ist er nicht mehr am Fleesensee, sondern inzwischen Nationaltrainer.
Matching — oder welche Schläger passen zueinander?
Was würden Sie sagen, wenn man Ihnen einen Golfschläger-Satz verkaufte, in dem Eisen 8 und 6 fehlten und sie dafür drei Eisen 7 erhielten? Das wäre ziemlich frech und sie würden es reklamieren. Was jedoch, wenn auf dem einen Eisen 7 eine 8 stünde und auf dem anderen eine 6? Sie fühlten sich betrogen. Aber das ist der Normalfall. Sie werden fragen: Was veranlasst mich zu dieser ketzerischen These?
Zwischen 1993 und 2002 bin ich jährlich mit einer Gruppe von zehn Pros zur Weiterbildung nach Dallas geflogen. Auf der Hank-Haney-Ranch werden Golfer nicht nur sachkundig unterrichtet, sondern auch deren Golfschläger angepasst. Es gibt dort eine Werkstatt mit Lie-/Loft-Maschine, Schaft-Frequenzmessgerät, Deflection-Board zum Messen des Schaftflexes usw. Hier gibt es einen Golfschläger-Test für die Ausrüstung aller Pros, und das Ergebnis ist seit zehn Jahren unverändert: acht von zehn Pros haben Schrott in ihrer Tasche. Die Lies und Lofts der Golfschläger weichen um bis zu vier Grad vom angegebenen Wert ab und die Schäfte der Golfschläger haben nie den angegebenen Wert — vor allem nicht, wenn sie aus Graphit sind. Zwischen superweich und extra-steif findet sich fast jeder Flexgrad in einem Golfschläger-Satz. Man findet bei diesem Golfschläger-Test keinen Satz, der durchweg die gleiche Flexibilität besitzt.
Das Entsetzen der Golfschläger-Besitzer ist immer groß, hat der Vertreter der Firma doch noch beteuert, dass dieser Golfschläger-Satz eigens in der Tour-Abteilung im Ausland zusammengestellt wurde und deshalb noch höheren Qualitätsansprüchen genügt als die ohnehin schon präzisen Standard-Golfschläger. An der jahrelangen Benutzung der Golfschläger kann es auch nicht liegen, denn im Februar/März kommen die meisten mit brandneuem Besteck. Der obligatorische Besuch in der Fabrik von Adams Golf einige Tage später liefert die Erklärung: Es ist erheblich aufwendiger und teurer, Schläger mit geringen Fertigungstoleranzen zu bauen; und weil
- die Presse nichts anprangert,
- der Kunde nichts merkt,
- der Pro nichts ahnt und
- die Konkurrenz auch nicht besser ist,
hat sich seit Jahren in der Branche nichts geändert. Noch heute (Februar 2022) stellen wir beim Nachmessen fest, dass viele Schlägersätze so aus der Fabrik kommen, dass man sie eigentlich nicht guten Gewissens verkaufen kann. Wer also einfach Schläger kauft — sei es im Online-Shop oder im Proshop —, der spielt Lotto. Und 13 Richtige sind extrem selten, zumal man nicht 13 aus 49 spielt, sondern 13 aus 5000.
MOI-Matching
Das Thema MOI-Matching war 2005, als Arnd Welling und ich das Thema genauer erforschten, in aller Munde. Damals befanden sich in den Sätzen der meisten Golfer noch lange Eisen. Wenn sich die langen Eisen beim Schwung alle genauso anfühlen sollen wie die kurzen, muss das Trägheitsmoment (Englisch: Moment of Inertia, kurz MOI) bei jedem Schläger gleich sein. Das ist nur sehr aufwendig herzustellen und wird uns von den großen Firmen wahrscheinlich nie angeboten werden. Inzwischen spielt aber kaum jemand mehr ein längeres Eisen als eine 6, und von da ab entspricht das sogenannte Schwunggewicht (Drehmoment) fast dem Trägheitsmoment. Lassen Sie sich deshalb nicht davon täuschen, wenn manche Fitter das MOI-Matching als wichtigstes Kaufargument anpreisen. Wenn der Fitter nichts vom Golfschwung versteht und das MOI-Matching sein größtes Plus ist, nützt Ihnen das nicht viel.
Und nun?
Meine Empfehlung: Machen Sie ein Fitting bei Arnd Welling. Im Münchner Raum empfehle ich das HIO-Fitting. Und keinesfalls bei dem Herrn in Bayern, der am liebsten Schläger ohne Grooves verkauft. Der gibt sicher sein Bestes, aber es kamen einfach schon zu viele Schüler zu mir, die von ihm völlig unpassendes Material bekommen haben. Ein Schläger ohne Grooves hat übrigens auch nur Nachteile. Bei einem völlig sauberen Treffer bei totaler Trockenheit ist der Unterschied nicht groß, aber das ist beim Hobbygolfer ja eher die Ausnahme.
Begehen Sie auch nicht den Fehler und kaufen Sie sich als Spieler mit mittlerer oder hoher Vorgabe klassische Blades. So schön diese auch aussehen, sie machen das Spiel erheblich schwieriger. Ich erkläre das in diesem Video ausführlich:
Putter
Über 40 Prozent aller Schläge machen Sie übrigens mit dem Putter. An diesem Schläger sollten Sie deshalb nicht sparen. Ich selbst habe einen entwickelt, der einen Vorteil hat, von dem man gar nicht glauben kann, dass er legal ist: Er steht. Es ist der Spicy-Putter.
Der Autor:
Oliver Heuler, leidenschaftlicher Golflehrer seit fast 40 Jahren.
Dieser Artikel wurde wegen des hohen Rankings bei Google tausende Male gelesen, und ich bekomme immer wieder E-Mails mit der Frage, ob diese oder jene Marke besser sei und was ich denn spielen würde. Hier deshalb die Antwort:
In meiner Karriere habe ich fast alle Hersteller durch. Wir bekommen als Pro in der Regel die Schläger kostenlos. Ich hatte bereits Schläger der folgenden Marken: Titleist, Mizuno, Callaway, Adams Golf, Honma, Cleveland, Ping Golf, Wilson, Cobra, TaylorMade, MacGregor und Tommy Armour. Qualitätsunterschiede konnte ich beim Vergleich kaum feststellen. Es gab hohe Fertigungs-Toleranzen und extrem hohe. Ich spiele natürlich immer Herren-Schläger, aber für meine Frau kaufe ich meist Damen-Schläger, und auch da ist kein Unterschied festzustellen, was die Qualität angeht.
Mein großer Vorteil — oder eigentlich Ihrer als Leser — besteht darin, dass ich jetzt niemandem mehr verpflichtet bin. Ich verkaufe selbst keine Schläger, kann hier also schreiben, was ich denke.